Bard´s Tale 3 - The Thief of Fate

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Bard´s Tale 3 - The Thief of Fate

Beitrag von Rider »

Unsere Partnerseite Pixel-Heroes hat uns einen schönen Review zu Bard´s Tale 3 zur Verfügung gestellt.

The Bard´s Tale 3 - The Thief of Fate oder "Der Zeitdieb"

Vor sehr langer Zeit, als Rollenspiele nur aus einigen Strichen, Buchstaben und Zahlen bestanden, ging am tristen schwarzgrauen RPG-Horizont plötzlich ein helles Licht auf, das die Welt der Rollenspiele in neue Farben einhüllte. Dieses Licht hieß "The Bard´s Tale" und entzückte mit einer der bis dahin farbenfrohsten und für damalige Zeiten schönsten grafischen Präsentation auf Anhieb die gesamte Zunft der Rollenspieler. Mit einer sechsköpfigen Heldentruppe trug man damals einen wagemutigen Kampf gegen den bösen Zauberer Mangar aus, einen Kampf, der zur Legende wurde und lange Zeit seinesgleichen suchte. Dies war die Zeit der wahren Helden, in der ein mutiger Krieger nur mit blankem Stahl alleine gegen ganze Horden von Orks und anderen Ungeheuern kämpfte. Es war die Zeit, in der die Zauberer magische Duelle auf allen Sphären des Universums führten und mit nur einigen Gesten ganze Landstriche verwüsten konnten. Es war die Zeit großer tollkühner Taten, die Zeit in der Legenden geboren und geformt wurden. Und trotzdem wurden all diese großartigen Helden von einer Abenteurergruppe übertroffen, einer Gruppe, die das Unmögliche geschafft hatte...

...einer Gruppe, deren größte Heldentat bis heute in den Bardenliedern besungen wird, in Liedern, die für alle Zeiten in den Ruinen der Stadt Skara Brae zu vernehmen sind. Somit dürfte wohl jedem alteingesessenen Rollenspieler klar sein, dass ich nur von der gewaltigen Auseinandersetzung mit dem verrückten Gott Tarjan sprechen kann, deren Zeuge ich im dritten Teil der unsterblichen Bard´s Tale Saga sein durfte.

Nachdem die bereits erfolgreiche Heldentruppe vom Kreuzzug gegen Lagoth Zanta (The Bard´s Tale 2) in ihre Heimatstadt Skara Brae zurückgekehrt war, musste sie mit entsetzen feststellen, dass von der einst prächtigen Stadt nur noch Trümmer übriggeblieben sind. In einem kleinen Intro wird diese Geschichte dem Spieler in Form eines Bardenliedes, das auf dem C-64 einfach nur herrlich anzuhören und anzusehen ist, vorgestellt. Die C-64-Fassung des Spieles ist auch diejenige, auf die ich mich primär in diesem Review beziehe. Auf die Amiga- und PC-Umsetzung komme ich jedoch später noch zu sprechen.

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Hatte man bereits eine Abenteurergruppe aus den Vorgängerspielen parat, konnte man sich sofort in das gefährliche Abenteuer stürzen. Alle wie ich, die erst ab dem dritten Teil mit Bard´s Tale angefangen haben (die Vorgänger habe ich nur etwas angespielt), waren gezwungen sich erst einmal eine frische Truppe zusammenzustellen. Dies war und ist, sofern man beschließt das Spiel jetzt noch zu spielen, absolut kein Nachteil, denn bei der Charaktergenerierung bietet "The Bard´s Tale 3 - The Thief of Fate" fast alles, was sich ein Rollenspieler von einer imaginären Fantasywelt nur wünschen kann. Sieben unterschiedliche Rassen, die von Menschen über Elfen und Zwergen bis hin zu Halb-Orks reichen, und ganze 13 Charakterklassen stehen dem Spieler hierbei zu Verfügung. Neben den zahlreichen handfesten Klassen der beiden Vorgänger wie Krieger, Paladin, Dieb, Barde, Jäger oder Mönch sowie einer ganzen Palette an diversen Zauberkundigen werden noch zwei komplett neue Professionen aufgelistet: der Geo- und der Chronomancer. Diese beiden Klassen stehen am Anfang nicht zur Auswahl und werden erst im Verlauf des Abenteuers offenbart, wobei die der Geomancer geheim und für die Lösung des Spieles nicht notwendig ist. Anders verhält es sich bei dem Chronomancer. Wie der Name schon vermuten lässt, beschäftigt sich diese Charakterklasse mit der Manipulation der Zeit. Reisen durch andere Dimensionen sowie Zeitsprünge stellen bei Bard´s Tale 3 somit die wohl größte Innovation im gesamten Gameplay dar. Ohne einen Chronomancer wäre unsere Abenteurergruppe also hoffnungslos verloren.

Wo ich das Gameplay schon mal angeschnitten habe, möchte ich dieses wohl wichtigste Thema bei einer Spielanalyse direkt mal näher unter die Lupe nehmen. Wie bei den beiden Vorgängern besucht man bei Bard´s Tale 3 mit seiner Abenteurergruppe UNZÄHLIGE dreidimensionale Dungeons und kämpft sich mit Stahl und Magie durch UNZÄHLIGE Horden von diversen Monstern seinen Weg zum verrückten Gott Tarjan frei, der, wie man allzu bald erfährt, der Verursacher der Tragödie von Skara Brae ist. Um dem Wort "UNZÄHLIG" etwas mehr Gewicht zu verleihen, hier ein Paar harte Fakten zum Umfang des Spieles:

Bard´s Tale 3 erstreckt sich insgesamt über 84 (!) Dungeons, die an Größe und vor allem Komplexität kaum zu übertreffen sind und aus dem kleinen Sicht-Fenster heraus absolut düster und bedrückend aussehen. Mit zahlreichen Fallen, Teleportern, Verbindungen, Drehscheiben und antimagischen Bereichen fordern sie dem Spieler einfach alles ab. Sich in solchen Dungeons nicht zu verlaufen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ohne der "neuen" Auto-Mapping-Funktion wäre man hier komplett aufgeschmissen. Man stelle sich einfach mal vor, dass der Umfang des letzten Bard´s Tale 3 Dungeons dem gesamten Spielinhalt eines moderneren Rollenspieles (zum Beispiel Eye of the Beholder) entspricht. Über den Daumen gerechnet kann man hier in nur einem einzigen Dungeon durchschnittlich 10 bis 20 Stunden verbringen. Wenn man die Zeit hochrechnet, komm man auf eine Spielzeit von... also ich habe für meine erste Auseinandersetzung mit Tarjan mindestens ein ganzes Jahr gebraucht. An diesen Umfang kommt heute kein Rollenspiel mehr heran.

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Darüber hinaus hausen in den düsteren Verliesen mehr als 500 unterschiedliche Monster-Typen, die wiederum noch mit mehreren Unterarten aufwarten. Von klassischen Zombies und Skeletten über gefährliche Schwarzmagier bis hin zu skurrilen mechanischen Wesen kann man hier alles finden. Und das besonders schöne dabei: Jeder Monster-Typ wird mit eigener animierter Grafik in höchster C-64-Qualität dargestellt. Die eigenen Helden kommen dabei natürlich auch nicht zu kurz. Mit ebenfalls hochkarätigen und animierten Porträts zeigten die Entwickler von Bard´s Tale 3 zum ersten Mal ein Herz für weibliche Rollenspieler, indem sie jeder Heldenklasse nicht nur ein männliches sondern auch ein weibliches Bild gespendet haben. Von der grafischen Präsentation her war und ist dieses Spiel ein Wunderwerk der C-64-Programmierung.

Nun mögen die meisten Leser jetzt behaupten, dass Bard´s Tale 3 nicht mehr als ein ellenlanges Dungeon-Crawler ist, dessen primäre Aufgabe darin besteht, die Schädel der Ungeheuer zu zertrümmern. Ganz falsch ist diese Aussage nicht, denn die meiste Zeit macht man wirklich nichts anderes als das. Man muss jedoch direkt hinzufügen, das dieses einfache Spielprinzip in einer guten Verpackung eine Menge Spaß bereitet. Und bei Bard´s Tale 3 ist dies der Fall. Mit mehr als 100 Zaubersprüchen, massenweise Items und einigen kniffligen Rätseln ist der Spaß- und vor allem der Suchtfaktor so hoch, dass man alles um einen herum sehr schnell vergisst. Die Zeit rauscht an einem vorbei wie im Flug und rasch ist das eine oder andere Jahr an einem vorbeigezogen... Wer sich mit Bard´s Tale 3 noch ernsthaft beschäftigen möchte, der muss wirklich eine Menge Zeit für das Spiel einplanen. Dieses simple, süchtigmachende Spielprinzip wurde erst vor nicht allzu langer Zeit wiederentdeckt und als "Diablo" von zahlreichen Anhängern gefeiert. Wenn auch in neuester Technik verpackt, ist es strenggenommen nichts anderes. So gesehen, dürften sich alle Diablo-Freunde mit nostalgischer Ader, einem guten Orientierungssinn und vor allem viel Zeit jetzt noch von diesem Titel angesprochen fühlen.

Einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen noch die erwähnten Rätsel. Deren Lösungshinweise findet man in der Regel in den dunkelsten Ecken der tiefsten Verliese, weshalb man sie sich am besten irgendwo aufschreiben sollte, will man die gefährlichen Bereiche nicht unbedingt öfters als nötig aufsuchen - eine moderne Tagebuchführung gab es zur damaligen Zeit noch nicht (das Auto-Mapping war schon sensationell!). Als ob das nicht reichen würde, sind die meisten Hinweise noch in irgendwelchen lyrischen Texten verschlüsselt, mit denen man auf Anhieb nichts anzufangen weiß. Somit sei jeder Spieler von Anfang an gewarnt, dass das Spiel alles andere als anfängerfreundlich ist. Und dazu noch in englisch, denn eine komplett deutsche Fassung existiert nicht.

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Was bleibt also unter´m Strich? Eine vielseitige Monstermetzelei in unendlichen Dungeons, verfeinert mit einer recht kräftigen Priese wirklich harter Kopfnüsse. Das alles wohlansprechend für das Auge angerichtet ergibt ein richtig süchtigmachendes Gericht. "The Bard´s Tale 3 – The Thief of Fate" ist somit ein richtig gelungenes klassisches Rollenspiel... für die einen. Für die anderen, die die Geschichte der Videospiele nie miterlebt oder verfolgt haben, ist es vermutlich nur ein stinklangweiliger Zeitfresser. Da ich mich zu der ersten Gruppe zähle, möchte ich sogar behaupten, dass Bard´s Tale 3 eines der besten Rollenspiele für den C-64 ist. Jawohl, denn für den geliebten Brotkasten gibt es nur wenig besseres! Die Höchstwertung für einen zeitlosen, wenn auch zeitraubenden Klassiker. Alle anderen, die für Nostalgie nichts übrig haben, können davon je nach belieben 5 bis 8 Punkte abziehen.

Wie am Anfang versprochen, möchte ich hiermit noch auf die Amiga- und PC-Fassung des Spieles eingehen. Beide Versionen habe ich sorgfältig untersucht, ohne irgendwelche gravierenden Unterschiede feststellen zu können. Bis auf die grafische Darstellung ist alles gleich geblieben. Und man glaube es kaum, aber die starken Brüder sind dem kleinen C-64 unterlegen (!). Die Farben sind heller und die Grafiken bunter, doch die dichte Atmosphäre wurde dadurch zerstört. Manchmal ist weniger wirklich mehr. Auch die neuen Darstellungen konnten mich nicht so ganz überzeugen. Vielleicht bin ich aber nur einfach in die C-64-Fassung vernarrt. Nichtsdestotrotz befindet sich Bard´s Tale 3 für die damaligen technischen Verhältnisse der beiden Systeme leider nur im Mittelbereich. Ich möchte die Spiele aber nicht schlechter machen als sie sind, denn die Grafik unterliegt in der Regel dem subjektiven Geschmack. Somit erhalten diese Fassungen von mir auch die Höchstwertung, wenn auch mit einer leicht bitteren Note.
Don't get yourself killed. Neither of us want to see you go Hollow
-Andre of Astora
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