Das Schwarze Auge - Die Schicksalsklinge

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Das Schwarze Auge - Die Schicksalsklinge

Beitrag von Rider »

Ein Review (2008) von Pixel-Heroes.de die es leider nicht mehr gibt :(

Das Schwarze Auge (DSA) ist wohl jedem Pen & Paper-Rollenspieler ein Begriff, ist es doch das einzige erfolgreiche deutsche Fantasy-Rollenspiel. Die komplett vordefinierte und vor allem riesige Welt Aventurien bietet den Spielern unzählige Möglichkeiten sich in die Rolle eines Helden zu versetzten, um alle nur denkbaren Abenteuer zu erleben. Die extrem bunte und detaillierte Welt Aventuriens zu bereisen und zu erkunden kann bei dem bereits vorliegenden Umfang zu einer echten Lebensaufgabe werden. Zu einer fiktiven Welt diesen Ausmaßes gehört natürlich auch ein nicht minder umfangreiches Regelwerk, das trotz der Detailvielfalt nicht allzu kompliziert wirkt und leicht zu erlernen ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Rollenspielen wie zum Beispiel Dungeons & Dragons ist Das Schwarze Auge lange Zeit nicht als Computerspiel erschienen. Dies ist zum einen damit zu begründen, dass sich einfach kein Hersteller an diese riesige Welt heranwagte. Und zum anderen wollte der Herausgeber des Schwarzen Auges sein Spiel nicht nur auf eine Zusammenballung zahlreicher Kämpfe reduzieren wie es, ohne sie schlecht machen zu wollen, bei den vielen Dungeons & Dragons Computerspielen der Fall ist. Bis sich schließlich Attic an diese gigantische Herausforderung wagte und die Spieler mit "Die Schicksalsklinge", dem ersten Teil der Nordlandtrilogie, beschenkte. Das Ergebnis der harten Arbeit an diesem Spiel kann sich noch heute, zwölf Jahre nach der Veröffentlichung, sehen lassen. Mit dem Schwarzen Auge wurde eine Computerrollenspielreihe erschaffen, die sich sehr stark von anderen Vertretern dieses Genres abhebt. Dies fällt schon bei der Erschaffung der sechsköpfigen Charaktergruppe auf, mit der das Abenteuer bestritten wird, will man nicht gerade auf die bereits vorhandene Gruppe zurückgreifen. Und man höre und staune, das umfangreiche Regelwerk findet hier Anwendung! Dadurch kann die Erschaffung der eigenen Gruppe einige Stunden in Anspruch nehmen.

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Bei der stimmungsvollen Hintergrundmusik bemerkt man aber erst gar nicht, wie schnell die Zeit an einem vorbeizieht. Zuerst werden die Charakterwerte ausgewürfelt, die die Grundlage für alle Handlungen des jeweiligen Charakters bilden. Diese bestehen beim DSA nicht nur aus positiven sondern auch aus genau so vielen negativen Eigenschaften. Während sich die positiven Eigenschaften aus bekannten Werten wie zum Beispiel Körperkraft und Klugheit zusammensetzen, fallen unter die negativen Eigenschaften Attribute wie zum Beispiel Aberglaube, Höhenangst, Goldgier und Jähzorn. In bestimmten kritischen Situationen können sie eine Menge Ärger verursachen, den es dann zu meistern gilt. Als Beispiel sei hier eine hitzige Auseinandersetzung genannt, bei der eine Jähzorn-Probe abgefragt wird. Bei einem misslungenen Wurf platzt dem betroffenen Charakter wörtlich der Kragen, so dass er handgreiflich wird und somit einen Kampf provoziert, den man als Spieler wahrscheinlich lieber vermieden hätte. Auch wenn solche Situationen sehr ärgerlich sind, machen sie die Helden doch irgendwie menschlicher und das Spiel interessanter. Sind die Grundwerte einmal ermittelt, können sie einer Charakterklasse zugeordnet werden. Eine Vielzahl verschiedener, bildlich schön dargestellter Klassen steht dem Spieler hierbei zur Verfügung. Diese sind auch gesellschaftlich komplett vordefiniert und beinhalten neben unterschiedlichen Professionen auch andersartige Gruppen und Rassen. So findet man hier neben dem klassischen Krieger und Magier einige ungewöhnliche Klassen wie zum Beispiel den Gaukler, die Hexe oder den Thorwaler, einen barbarischen und seetüchtigen Kämpen aus dem Norden. Drei unterschiedliche Elfenrassen und Zwerge decken den nichtmenschlichen Teil der Klassen ab. Auch wenn die Auswahl bei weitem nicht alle Klassen des Pen & Paper-Originals berücksichtigt, so ist sie doch als sehr umfangreich zu bezeichnen. Hat man die Klasse, den Namen und das Aussehen eines Helden festgelegt, bleibt nur noch die Verteilung der Steigerungsversuche der Fertigkeiten und bei magiebegabten Charakteren der Zaubersprüche übrig. Da mag sich jetzt jemand fragen: wieso Steigerungsversuche? Ganz einfach, beim Verbessern einer Fertigkeit entscheidet immer ein Wurf, der höher als der vorhandene Fertigkeitswert ausfallen muss, über den Erfolg oder Misserfolg der Verbesserung. So ist es ganz schwierig einen bereits hohen Fertigkeitswert zu verbessern. Dies ist glückabhängig und mag vielen als ungerecht erscheinen, denn viele hart errungene Steigerungsversuche lösen sich damit einfach in Luft auf. Anders betrachtet kann man diese Methode als sehr realistisch ansehen, da sie Anfängern einer Disziplin leichten Einstieg bietet, die Meisterschaft aber nur wenigen ermöglicht. Es ist eben wie im richtigen Leben. Die Bandbreite der Fertigkeiten erstreckt sich von der Kampfkunst über das Handwerk und Wissen bis hin zu wichtigen gesellschaftlichen Aspekten. So können die Helden nicht nur die Beherrschung diverser Waffen erlernen sondern auch Musizieren, Tanzen oder sich mit Kräuterkunde beschäftigen, um nur einige Beispiele zu nennen. Damit besitzen die einzelnen Charaktere einen hohen Individualitätsgrad, der meiner Ansicht nach in keinem vergleichbaren Rollenspiel zu finden ist. Die Festlegung der magischen Zauber, die sich über viele Zauberschulen verteilen, erfolgt nach dem gleichen Prinzip.

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Nachdem die Gruppe feststeht, fängt das Spiel in Thorwal, der Hauptstadt des Nordens, an. Als Neuankömmlinge in der Stadt und ohne ein festes Ziel macht man sich auf die Suche nach einer passenden Schänke, um den Reisedurst mit einem kühlen Bier zu ersaufen. Schrittweise bewegt man sich durch eine bunte und ansprechende 3D-Umgebung und bestaunt die Wunder der Stadt wie zum Beispiel den großen Marktplatz. Alle wichtigen Ereignisse, Begegnungen und Gespräche werden durch auftauchende, grafisch unterlegte Pop-Up Fenster dargestellt, in denen man seine Entscheidungen aus mehreren logischen Möglichkeiten wählen muss. Oder man benutzt wie im Fall des Marktplatzes einige passende Fertigkeiten und erleichtert zum Beispiel einige ahnungslose Passanten mit der Taschendiebstahl-Fertigkeit um ein paar Dukaten. Bei einer solchen Handlung sollte man sich aber auch immer des Risikos und der damit verbundenen Konsequenzen bewusst sein. Ehrliche Gemüter verdienen ihr Geld lieber in den Schänken der Stadt, in denen man musizieren kann oder als Gaukler einige Akrobatikstückchen zum Besten gibt. Abgebrühte Abenteurer können hier natürlich auch dem Falschspiel nachgehen, was wiederum riskant, aber auch am einträglichsten ist. Hieraus kann man schon ersehen, dass das Spiel aus sehr vielen Details besteht. Wie dem auch sei, durch einen kurzen Aufenthalt in einer Schänke erfährt man, dass der ansässige Hetmann Tronde Torbensson eine mutige Gruppe für eine wichtige Aufgabe benötigt. Und da man selber nicht viel besseres zu tun hat als in der Stadt herumzuhängen, hört man sich das Angebot des Hetmanns gerne an. Dieser erzählt uns von einem bevorstehenden Krieg und einer Orkarmee, die sich vor den Grenzen Thorwals sammelt. Um das Unvermeidliche doch noch vermeiden zu können, wird eine magische Klinge benötigt, vor der die Orks Respekt und große Angst haben. Sie befindet sich jedoch in einem Grab, dessen Standpunkt leider keiner mehr kennt. Eine zerstückelte und durch ganz Thorwal verstreute Landkarte mit dem genauen Standort des Grabes muss nun von uns zusammengetragen werden. Mit dem Kartenstück des Hetmanns und einigen Hinweisen macht man sich auf die Suche.

Bevor man die Stadt verlässt sollte man sich eine vernünftige Ausrüstung für eine lange Reise beschaffen. Dazu zählen bei weitem nicht nur Waffen und Rüstungen, auch wenn diese sehr wichtig sind. Deshalb sollten sie auch sorgfältig ausgewählt werden. Für eine unerfahrene Gruppe empfehlen sich nur leichte Rüstungsteile, die keinen Angriffs- und Parademalus mit sich bringen. Für Waffen gilt das gleiche. Starke, aber schwer zu handhabende Waffen sollten am Anfang vermieden werden. Schlafdecken, Mäntel gegen die Kälte, Fischnetze oder einfach nur Essbestecke stellen einen Teil wichtiger kleiner Details dar, die ihre Daseinsberechtigung besitzen und auch nicht vernachlässigt werden sollten.
Sobald man die Stadt verlässt, bewegt man sich auf einer großen Landkarte. Die Reisen, die man hier unternimmt, dauern manchmal Wochen, die ohne der richtigen Ausrüstung ganz schön hart werden können. Und das sogar ohne irgendwelche Gegner. Diese lassen jedoch nicht lange auf sich warten und greifen die Gruppe meistens nachts beim Schlafen an. Die Einteilung der Wachen ist deshalb bei jeder Rast unerlässlich. Verlorene Lebenspunkte werden neben den begrenzt nutzbaren Heilfertigkeiten primär durch Rasten regeneriert. Die vorhandene Ausrüstung spielt dabei eine wichtige Rolle. So kann sich bereits ein Kessel, in dem eine warme Suppe zubereitet werden kann, sehr positiv auswirken. Ein Charakter mit Naturkunde ist bei solchen Reisen ebenfalls von Vorteil, will man unterwegs nicht verdursten oder verhungern. Ganz viele Details müssen von Anfang an berücksichtigt werden, um in der rauen Gegend eine Überlebenschance zu haben.

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Bevor man Thorwal zum ersten Mal verlässt, sollte man bereits auch einige Kampferfahrungen gemacht haben. Ein von Monstern bevölkertes Kellergewölbe, das die erste Submission darstellt, bietet sich dafür an. Beim Feindeskontakt wechselt die Sicht in eine isometrische Perspektive, in der jeder Charakter einzeln und rundenbasierend gesteuert wird. Die Kämpfe dauern deshalb ein wenig lange, stellen jedoch nicht den größten Teil des Spieles dar und nerven dadurch überhaupt nicht.
Die meiste Zeit des Spieles verbringt man mit Reisen auf der großen Landkarte. Ständig neuen Hinweisen nachgehend reist man kreuz und quer durch die Nordlande, kämpft ab und zu gegen auftauchende Wildtiere, Räuber- und Orkgruppen und löst gelegentlich eine Subquest. Spätestens nach dem Abklappern aller vorhandenen Städte und Dörfer, ohne alle Stücke der Karte gefunden zu haben, beginnt das Spiel trotz seiner Vielfalt ein wenig zu langweilen und zu frustrieren. Die zahlreichen Hinweise sind spärlich und nicht immer ganz eindeutig, teilweise sogar irreführend. Das Verpassen eines wichtigen Ratschlags kann die gesamte Spieldauer um Stunden verlängern, in denen man zwischen den Städten hin und herreist. Alle wichtigen Hinweise sollte man sich deshalb aufschreiben, um sie gegebenenfalls noch überdenken zu können. Schafft man es die Karte zusammenzutragen, ist man schon fast am Ende des Spieles angelangt.

Trotz der großen, bunten, lebendigen und realistischen Welt, die voller Liebe zum Detail steckt, trübt die etwas eintönige Story das ansonsten perfekt in Szene umgesetzte Spiel. Für echte Fans des Schwarzen Auges ist es aber ein erstklassiges Erlebnis. Sie kommen mit dem Spiel wahrscheinlich auch viel besser zurecht als alle anderen, da ihnen alle Namen und Begriffe dieser Welt bereits bekannt sein dürften. Auch wenn ich selbst früher das Pen & Paper-Spiel gespielt habe, tat ich mich mit den vielen Namen und Besonderheiten dieser Welt am Anfang ein wenig schwer. Die vielen Details des Spieles... Habe ich schon die Details erwähnt? Ja? Trotzdem sage ich es noch mal: Das Schwarze Auge strotzt nur so vor Details. Die ganzen Details, die Aventurien besonders lebendig wirken lassen und eine gelungene technische Umsetzung würden "Die Schicksalsklinge" prompt in den RPG-Himmel befördern, wäre da nicht die etwas dünne Handlung. Aus diesem einen Grund gibt es von mir deshalb nur 8 Punkte. Was einen großen Lob verdient und von mir noch nicht erwähnt wurde ist die musikalische Begleitung. Die gelungenen und fantastischen Melodien sind absolut hörenswert und tragen einen enormen Beitrag zu der lebendigen Atmosphäre bei.
Don't get yourself killed. Neither of us want to see you go Hollow
-Andre of Astora
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