So, nachdem ein Bisschen Zeit vergangen ist seit ich die One Piece Realverfilmung sah möchte ich hier ein paar Worte dazu schreiben.
Ich bin positiv überrascht wie gut Netflix' One Piece bei den Fans (und anscheinend auch Newbies) angekommen ist.
Mir hat die Serie gefallen, aber wenn ich wollte, könnte ich eine vernichtende Kritik dazu verfassen. Da haben wichtige Elemente gefehlt, da wurden Dinge verändert, große Massenszenen aus Kostengründen extrem eingeschrumpft; Charaktere sehen aus wie Cosplayer und auch der Ton ist grundlegend anders als im Manga.
Mir hat die Serie trotzdem gefallen. Ich hatte großen Spaß, es war ultra-nostalgisch für mich und "die Chemie hat gestimmt". Eine Millionen Pluspunkte gibt es auch für Iñaki Godoy, den Darsteller von Ruffy (oder "Luffy"). Der ist wirklich perfekt für die Rolle!
Aber ich hatte in den letzten Jahren so viel mit dem wirklich toxischen Star Wars Fandom zu tun, dass mich die überwiegend positive Aufnahme von One Piece einfach umgehauen hat! Die Leute meckern überhaupt nicht! Die sind glücklich! Was für eine erfrischende Abwechslung!
Und ich denke das ist die richtige Einstellung. Netflix' One Piece ist ja nicht hier um den Manga oder den (gar nicht mal so guten) Anime zu ersetzen. Es ist ein Bonus - und noch dazu gratis für alle die Netflix eh schon hatten.
Die Serie hat mich motiviert den Manga wieder weiterzulesen und ich bin schon fast wieder auf dem aktuellen Stand (Kapitel 1047 von insgesamt 1093).
Ich muss es an dieser Stelle wiederholen, weil die Japaner einfach wahnsinnig sind: Da ist ein Typ mit einer Hand voll Assistenten, die mit wenigen Ausnahmen
jede Woche ein neues Kapitel veröffentlichen - und das seit Ende der 90er!
Absolute Workaholics!
Hier ein Beispiel für den absurden Humor in One Piece: So und nicht anders funktionieren Dinosaurier (von rechts nach links lesen):
Das ist eine der Dinge, die bei Netflix nicht so ganz funktioniert haben: In One Piece passieren immer mal wieder völlig abstruse Dinge und dann regen sich Leute auf wie bescheuert alle Anwesenden doch sind. Nami bekommt auf einmal riesige, spitze Zähne, brüllt sich die Lunge aus dem Hals und schlägt Ruffy härter als es jeder Antagonist vermag.
Klingt nicht wirklich lustig, wenn man das zu beschreiben versucht, aber das ist nunmal der Stil des Mangas. Mal absurd, dann wieder emotional.
Ich habe vollstes Verständnis, dass man diese Art von Cartoon-, bzw Manga-Humor in der Serie zurückgedreht hat, aber es fällt mir halt auf.
Was die zurückgefahrenen "Massenszenen" angeht: Das ist eindeutig eine Budget-Sache. In der Regel gibt es neben den großen Kämpfen in One Piece immer ganze Piratenmannschaften oder Legionen von Marinesoldaten. Das Restaurantschiff Baratie wird zB in der Vorlage regelrecht belagert und während diese Belagerung stattfindet taucht Falkenauge auf und zerhackt Don Kriegs Schlachtschiff ...
Ruffy prügelt sich mit Don Krieg, Zorro mit Falkenauge, Sanji mit Pearl und später mit Gin und die kämpfenden Köche verteidigen sich gegen Don Kriegs Crew, während die besiegten im Treibgut hängen und den Kampf kommentieren.
Nahezu
jeder Kampf ist in der Vorlage eine Schlacht mit 5 oder mehr Schauplätzen, so wie man sie aus Kino-Blockbustern wie Herr der Ringe oder Star Wars kennt. Naja und das
konnte man in der Serie einfach nicht 1 zu 1 umsetzen. Ich hoffe aber sehr, dass die Serie nach dem großen Erfolg der ersten Staffel in dieser Hinsicht zukünftig "fetter" produziert wird.
Außerdem wünsche ich mir dass die nächste Staffel nicht ganz so
zahnlos wird. Der Anime musste damals stark zensiert werden, denn in One Piece wird gesoffen, geraucht, Leute werden erschossen oder mit Schwertern - Tarantino Style - übelst zugerichtet... was soll ich sagen? Da frisst jemand sein eigenes Bein verdammt nochmal!
In der Netflix Serie sagt Lysop irgendwann "Oh mein Gott, Zorro verblutet!" und ich schaue mir das an und frage mich: "Wo ist denn das ganze Blut, von dem Du sprichst?"
Ruffy trinkt keinen Alkohol (was zum Teufel?!), Sanji, der kettenrauchende Koch raucht eine einzige Zigarette in der ganzen Serie und die Menge an vergossenem Kunstblut ist lächerlich gering. Hier ein Beispiel:

- one piece zorro netflix.jpg (40.94 KiB) 66 mal betrachtet
Das ist Zorros Netflix-Wunde, nachdem Falkenauge in fast umgebracht hat. Das nächste Bild ist eine Szene, die in der Serie komplett fehlt: Arlong besiegt den bandagierten Zorro und sieht entsetzt wie kaputt der Schwertkämpfer ist und fragt sich warum er überhaupt noch stehen kann, geschweigedenn kämpfen. Im Hintergrund machen Josaku und Jhonny (zwei Nebenfiguren, die in der Serie leider nicht vorkommen) Grimassen, die ich keinem Schauspieler zutrauen würde:
Tatsächlich ist dieser letzte Kritikpunkt das einzige, was ich den Machern wirklich krumm nehme. Ich könnte noch drölfzitausend Kleinigkeiten erwähnen - einzelne Charaktere, Designs oder Handlungsstränge, aber das ist alles nicht wichtig. Ich fand die erste Staffel gut und kann mir vorstellen, dass die zweite noch besser wird. Aber bitte, bitte, bitte nicht so zahnlos in Zukunft!